Kalköfen Stritteren

1873 bis etwa 1900

Zu den Kalköfen Stritteren gibt es keine direkten historischen Quellen.

Nur einige Indizien weisen auf den ungefähren Zeitraum der Entstehung hin. So steht im Protokoll der Gemeindeversammlung vom 15. August 1873, dass ein Jos. Brisa, Zementfabrikant, von der Gemeinde ein Stück Waldboden unterhalb des "Nasenfelsens" zwecks Eröffnung einer Kalksteingrube gepachtet habe.

Der "Nasenfels" befindet sich oberhalb der Kalköfen.

Ein  Protokolleintrag vom 12. Oktober 1873 ergänzt, dass nicht Herr Brisa allein, sondern die Companie Louis Roy aus Noiraigue NE, diese Steingrubenpacht übernommen hat. Louis Roy, der spätere Besitzer der Kalkfabrik bei der Station Bärschwil, gilt bis zur "ausserordentlichen Ersitzung" durch die Gemeinde 1990 im Grundbuch als Eigentümer der Parzelle, auf der die Öfen stehen.

Bei den Restaurationsarbeiten wurde im ausgegrabenen Ofenschacht - in den unteren Schichten der Auffüllungen - Koks entdeckt. Die für den Betrieb der Kalköfen notwendige Menge Koks liess sich nur per Bahn über grössere Strecken transportieren. Der erste Zug hielt in Bärschwil im Jahre 1875. Die Kalköfen waren nur kurze Zeit in Betrieb. Um 1900 wurden sie bereits verlassen.

Im rechten Ofenschacht wächst eine Esche, die um 1900 an dieser Stelle keimte.

Beschreibung der Kalköfen

Früher standen in Stritteren zwei selbstständige Kalköfen. 1999 - 2001 wurde der südliche, besser erhaltene Ofen ausgegraben und konserviert.

Vom nördlichen (linken) Kalkofen sind nur noch Teile der südlichen Mantelmauer und Ansätze der Schür- und Ausziehöffnungen sichtbar.

Während dem Betrieb der Kalköfen hatten die Schür- und Ausziehöffnungen die Funktion, dem Feuer im Ofen genügend Luft zu liefern. Gleichzeitig konnte an diesen Öffnungen der gebrannte Kalk aus dem Ofen gezogen werden.

Es ist bemerkenswert, dass die Gewölbeansätze auf Eichenholzbrettern aufliegen. Vermutlich dienten diese Holzbretter, die auch am Flachbogengewölbe über dem Zwischenraum zu beobachten sind, als Gleitlager, wenn sich während dem Betrieb Ofenmantel und Gewölbebogen durch die Hitze unterschiedlich ausdehnten.

Verarbeitung des Kalkgesteins

Zum Anheizen des Kalkofens wurde zunächst auf der Ofensohle eine Lage von Reisigholz, Ästen und Wurzelstöcken eingebracht. Darauf wurde eine mässig dicke Lage von grobem Koks geschichtet und mit einer ca. 30 cm dicken Schicht von Kalksteinen überdeckt. Dann wurde das Holz angezündet. Brannte dieses gleichmässig, wurde von oben eine nächste Schicht Koks auf die Kalksteine geworfen. Darüber folgte dann eine weitere Lage Kalksteine. War dieser erste Teil der Ladung genügend erhitzt, so konnte der ganze Schacht von oben lagenweise mit Koks und Kalk gefüllt werden. In der Folge wanderte das Feuer von unten nach oben und glühte dabei die Kalksteine aus. War dann das Feuer in der obersten Lage angelangt, liess man es ausgehen, den Ofen abkühlen und zog die gesamte Ladung unten aus dem Ofenschacht.

Beim Brennen von Kalkstein bei Temperaturen zwischen 900 und 1100 °C entstand Branntkalk unter Abgabe von Kohlendioxid. Nach dem Brennen wurde der gebrannte Kalk gelöscht. Durch die Zugabe von Wasser entstand unter starker Wärmeentwicklung eine neue Calciumverbindung, das Calciumhydroxid. Dabei zerfielen die gebrannten Kalkbrocken. Der dadurch entstandene weisse Brei konnte über längere Zeit in einer Sumpfgrube eingelagert werden.

Wurde für ein Bauvorhaben Kalkmörtel benötigt, so entnahm der Maurer einen Teil Sumpfkalk, mischte ihn mit drei Teilen Sand und etwas Wasser zum Kalkmörtel. Beim Kontakt mit der Luft härtete der Mörtel aus. Durch Aufnahme von Kohlendioxid aus der Luft entstand aus dem gelöschten Kalk wieder Kalkstein.

Gebrannter Kalk - hergestellt in Kalköfen - gehört zu den ältesten Baustoffen, die die Menschen künstlich produziert haben. Die ältesten Kalköfen sind in Mesopotamien und Ägypten gefunden worden und sind zirka 4000 Jahre alt.

Auch in der Stritteren bei Bärschwil sind Ende des 19. Jahrhunderts Kalköfen entstanden. Sie sind nur wenige Jahre betrieben worden und danach langsam zerfallen. Heute sind einige Mauerreste saniert und mit einem Schutzdach abgedeckt worden. Es sind die einzigen erhaltenen Kalköfen der Nordwestschweiz.