In der Hand der Zünfte

BEDEUTUNG Das Zürcher Zunftwesen hat eine lange Tradition.Heute ist das Sechseläuten Höhepunkt jedes «Zöiftlers».

RASANTER RITT Wie lange es geht, bis der Böögg abgebrannt ist, interessiert die ganze Schweiz. ZVG

Vom 11. bis 13. Jahrhundert erlebten die Länder Europas eine Phase des Aufschwungs. Die Bevölkerung wuchs, Wirtschaft, Handel und Verkehr blühten. In diesem Umfeld entstanden inden grösseren Städten aus ursprünglich religiösen Bruderschaften so genannte Handwerksvereinigungen, Innungen, Gilden, Korporationen und Meistergruppen, welche die Interessen ihres Gewerbes oder Standes vertraten. Ein Marktrecht, städtische Verhältnisse und ein möglichst guter Verkehrsstandort waren die Voraussetzungen für solche Gründungen.

NACH DEM VERLUST ihrer letzten «staatstragenden» Aufgaben bestanden die Zünfte ab 1866 als Vereine weiter. Mit der Gründung der Zünfte der neueren Linie wurden die gemeinsame Feier des Sechseläutens und die Bewahrung von Tradition und Brauchtum zum Schwerpunkt der zünftigen Aktivitäten. Das Leben der Zünfte wird für die Öffentlichkeit am Sechseläuten besonders sichtbar. Die Zünfter treten in Kostümen auf die Strasse und geben der Stadt einen Hauch ihrer Vergangenheit zurück. Das Jahr hindurch bestreiten die Zünfte innerhalb ihrer eigenen Reihen verschiedene Anlässe. In das Zunftleben während des Jahres sind in vielen Zünften auch die Partnerinnen und Familien eingebunden. So finden zunftintern Vortragsstämme statt, oder es werden Ausflüge und Bälle durchgeführt.

DAS SECHSELÄUTEN ist in mancher Hinsicht ein Freudenfest. Zürich verabschiedet sich von den langen, kalten Winternächten und freut sich auf die wärmeren Jahreszeiten. Ihr Frühlingsfest begeht die Limmatstadt meist während des dritten Aprilwochenendes mit einem farbenprächtigen Kinderumzug am Sonntag und dem eigentlichen Sechseläutenumzug am Montag. Höhepunkt ist die symbolische Verbrennung des Winters in der Gestalt eines Schneemanns – des Bööggs. Tausende von kostümierten Zünftern und Zehntausende von Zuschauerinnen und Zuschauern bevölkern am Sechseläutenwochenende die Stadt Zürich. Hunderttausende in der ganzen Schweiz verfolgen den montäglichen Umzug und das Verbrennen des Bööggs im Fernsehen – denn seit einigen Jahren wird die Zeitspanne, die vom Anzünden des Feuers bis zur Explosion des Bööggenkopfs vergeht, als Gradmesser für die Wetterentwicklung des darauffolgenden Sommers genommen. Das Zentralkomitee der Zünfte Zürichs (ZZZ) ist das operative Organ des Verbands der Zünfte Zürichs, ihrer Dachorganisation. Es wurde offiziell 1871 als «Sechseläuten-Central-Comitée» gegründet und 1914 in «Zentralkomitee der Zünfte Zürichs» unbenannt. Der ZZZ-Vorstand steht unter der Leitungdes ZZZ-Präsidenten und bildet zusammen mit unzähligen freiwilligen Helferinnen und Helfern das Organisationskomitee des Sechseläutens. Die Verbindung zwischen dem ZZZ und den Zünften wird durch die Delegiertenversammlung sichergestellt. Sie besteht aus je einem Delegierten der Gesellschaft zu Constaffel und der Zünfte. Die Delegiertenversammlung ist auch zuständig für die Auslosung der Reihenfolge der Zünfte im Zug zum Feuer. (FRB)

FÜNF KULTURELLE PFEILER


UMZUG DER SOLOTHURNER Filmtage, Literaturtage, Tanztage, Kabarett-Tage und Triennale: Der Gastkanton zeigt Solothurner Kultur von Format.

Der Kanton Solothurn wird sich am Sechseläutenumzug, dem Zug derZünfte zum Feuer, vielfältig präsentieren. Der Tambourenverein Solothurn führt den Zug an, gefolgt von der Bruderschaft Sanctae Margarithae Solothurn. Die Bruderschaft gehört zu den ältesten im Kanton und ist eine der wenigen, die noch über historische Kostüme verfügen.

Im Anschluss an die Bruderschaft beginnt der moderne Teil. Darin wir din verschiedenen Bildern der Kulturkanton Solothurn dargestellt. Mit derTriennale Grenchen, den Solothurner Filmtagen, den Tanztagen Olten, den Literaturtagen Solothurn werden in je einem Umzugsbild, geschaffen von Bühnenbildner Oskar Fluri, auf die kulturellen und schweizweit bekannten Grossanlässe hingewiesen. Stachelig setzen sich die Kabarett-Tage Olten, als vielgestaltige Cornichons dargestellt, die sich frei im Umzug bewegen, in Szene. Bei der grafischen Umsetzung wurde Oskar Fluri von seinem Bruder Theo Fluri unterstützt. Die Gründerin der Tanztage Olten, Ursula Berger, ist für das Sujet der Tanztage mitverantwortlich.

Abgerundet wird der Umzugs-Auftritt des Kantons Solothurn von der Musikgesellschaft Konkordia Mümliswil. Im Ganzen werden rund 200 Solothurnerinnen und Solothurner am Zug der Zünfte teilnehmen. (SKS)

BEIM PROBEN Oskar Fluri (Mitte)und seine Helfer bei einer Generalprobe. O.MENGE

DER SOLOTHURNER KINDERUMZUG

Der nördlichste Teil des Kantons Solothurn, die Bezirke Dorneck und Thierstein mit ihren 23 Gemeinden, werden am Sonntag 13. April, den Gastkanton vertreten. Das eigenwillige Schwarzbubenland grenzt im Westen an Frankreich, im Süden an den französischsprachigen Kanton Jura und im Osten an Basel-Landschaft. Fruchtbare Matten, geheimnisvolle Täler, dichte Wälder, mäandernde Flüsschen, Kirschbäume und Rebhänge, Dörfer und Verkehrsknotenpunkte sowie verwunschene Burgen finden sich dort. Eine sagenumwobene Gegend, verwachsen mit den Bauern, LKW-Fahrern, Pfeifenherstellern, Bandweberinnen, Schmieden und Bäckern, Kranführern und Beamten, mit den Bankfachfrauen und Lehrerinnen, den Kellnern, Köhlern und …Schmugglern.

Fantastische Elemente aus Landschaft, Sagen und Mythen, seltene Gestalten wie der lange Uhl, die Kaltbrunnennixen und Lützelnögge, die Hobelmännchen und Erschwiler Waldschratte, die Rodersdorfer Blumenkinder und Gempener Kirschen mischen sich unter die Solothurner Ritter und die vielen Schwarzbuben, unter die Sängerinnen und Fussballer, die Bürger und Burgherren, unter die Städter und Skater und verhelfen in einer reisenden Inszenierung des Neuen Theater am Bahnhof Dornach zu einem neuen heutigen Mythos. (SKS)

Mit freundlicher Genehmigung Solothurner Zeitung / Grenchner Tagblatt