Grenchen/Schulstrasse

Ein frühmittelalterliches Gräberfeld am Kirchrain in Grenchen

Es ist schon länger bekannt, dass in Grenchen oberhalb der Katholischen Kirche ein Gräberfeld aus dem frühen Mittelalter liegt. Im 19. und 20. Jahrhundert fanden hier mehrere Grabungskampagnen statt, bei denen rund 90 Gräber aufgedeckt wurden. Infolge eines Bauprojekts, das unter anderem den Bau einer Einstellhalle in einem bislang unbebauten, als Garten genutzten Hinterhofareal zwischen Schulstrasse und Schützengasse vorsah, führte die Kantonsarchäologie von Januar bis Februar 2014 eine vierwöchige Notgrabung durch. Zur grossen Überraschung aller Beteiligten waren 50 der 62 entdeckten Gräber noch weitgehend intakt; nur zwölf waren bei den erwähnten Altgrabungen ausgegraben worden.

Die Gräber waren in Reihen angelegt und bis auf eine Ausnahme West-Ost orientiert, das heisst der Kopf lag im Westen, die Füsse im Osten. Der Bau der Gräber war unterschiedlich und reichte von einfachen Erdgräbern über ursprünglich mit Holz verschalte Grabgruben bis hin zu steinernen Grabbauten. Diese Grabkammern aus Trockenmauern und Steinplatten eigneten sich wegen ihrer Beständigkeit für eine Wiederverwendung: Nach einer gewissen Zeit räumte man die Grabkammer aus und machte so Platz für eine neue Bestattung.

Einige Gräber enthielten unvergängliche Beigaben wie Schmuck, Kleidungszubehör oder Waffen. Aufgrund der Bestattungssitten sowie gewisser kulturspezifischer Funde waren es Romanen, die hier vom späteren 6. bis wahrscheinlich ins frühe 8. Jahrhundert ihre Toten bestatteten. "Romani" nannte sich die einheimische Bevölkerung, die nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches als Nachfahren der Gallorömer, im Unterschied zu den zugewanderten Franken und Alemannen, im Frühmittelalter in unserem Gebiet lebte.

  1. Die Ausgrabungen im Februar 2014
  2. Das frühmittelalterliche Gräberfeld lag oberhalb der Katholischen Kirche von Grenchen.
  3. Feinarbeit: Ein Skelett wird freigelegt.
  4. Die Gräber waren in Reihen angelegt: Der Kopf lag im Westen, die Füsse im Osten.
  5. Die freigelegten Gräber werden gezeichnet und eingemessen.
  6. Die Restauratorin legt die Beigaben, die in einem Erdblock geborgen wurden, im Labor frei.